Desturi

Desturi – Bildung im Busch

Kenia-Brief | September 2012

Karibu rafiki mpenzi, liebe Freundinnen und Freunde von Kenia und DESTURI!

Kurz und sehr arbeitsintensiv war unser Besuch im September 2012 in Kenia. Und es ist vieles vorangegangen. Wie immer wollen wir unseren Bericht mit unserem Herzensanliegen beginnen, dem Kindergarten und der Schule DESTURI. Wir bedanken uns bei allen Unterstützerinnen und Unterstützern von DESTURI für ihre wertvollen Beiträge, die weiterhin in allen Größenordnungen sehr willkommen und hilfreich sind. Wir hoffen, dass wir Euch/Ihnen mit unseren Berichten die sinnvolle Verwendung und die damit bereits erzielten Fortschritte verdeutlichen können:  ASANTE SANA!

Desturi Foundation

Ein wesentlicher Schritt zur Verstetigung und langfristigen Sicherung des Projektes ist getan: Wir haben die DESTURI FOUNDATION nunmehr offiziell als sog. „charitable trust“ (gemeinnützige Stiftung kenianischen Rechts) gegründet. Damit gehören die Grundstücke, auf denen der Kindergarten und die Schule errichtet wurden, nicht mehr einzelnen Personen des „Familienclans“, sondern der Stiftung selbst, so dass wir jetzt endgültig auf soliden und dauerhaft etablierten Strukturen aufbauen können. Das gilt auch für das Management der Schule: Hier wird bei stetem Wachstum ein nächster Schritt sein, dass ein erfahrener „headmaster“ die Schulleitung übernimmt, den wir dann hoffentlich im nächsten Brief vorstellen können.
141 Schülerinnen und Schüler, von der „baby class“ im Kindergarten bis zur dritten Klasse der Grundschule, haben uns begrüßt, gemeinsam mit ihren Eltern, die nahezu vollzählig zu einer ausgiebigen Unterredung erschienen waren. Denn es gibt viel zu tun, die Wünsche und Erwartungen der Mütter und Väter sind hoch und vielfältig, die Mittel aber sehr begrenzt.

Gebäudesituation

Nachdem wir ja von Anfang an die Anerkennung der Schule auf Distriktebene erhalten hatten, steht nunmehr die nächste Ebene, die Anerkennung durch das zuständige Ministerium in Nairobi, an. Die erforderlichen Inspektionen haben inzwischen stattgefunden. Hinsichtlich Kompetenz und Qualität des Unterrichts der sechs Lehrerinnen und Lehrer sowie Motivation und Lernfortschritten der Kinder erfahren wir nach wie vor einhelliges Lob. Allerdings müssen wir schnellstens mit den “facilities“ nachziehen, weil uns die ehrgeizigen Pläne und deren guter Verlauf in der Realität schon überholt haben: Wie berichtet, werden derzeit in zwei Schulräumen drei (!) Grundschulklassen unterrichtet, nämlich die Klassen 2 und 3 in einem Klassenzimmer. Das Ministerium empfiehlt dringend, für jede Klasse einen eigenen Raum einzurichten. Nachdem die 3. Klasse im Januar 2013 in die 4. Klasse vorrücken wird, müssen wir es jetzt irgendwie auch noch schaffen, bis dahin zwei neue Gebäude zu errichten, statt wie bisher nur eines
pro Jahr.

Unverzichtbare Erweiterungsbauten

Wir müssen uns daher darauf einrichten, dass wir noch in diesem Jahr nicht nur zwei Gebäude samt Möblierung und Ausstattung mit Büchern und Lehrmaterial aus privaten Mitteln - hoffentlich auch mit Ihren Spenden - finanzieren müssen, sondern auch noch ein weiteres im Jahr 2013. Da auch die Zahl des Lehrpersonals wächst, das nebenbei auch Managementaufgaben erfüllt, wird auch ein eigenes Lehrerzimmer benötigt. Mit wachsender Zahl der Schülerinnen und Schüler entstehen immer öfter Situationen, in denen beispielsweise mit Eltern Gespräche geführt werden müssen; auch dafür soll dieser Raum dienen. Derzeit findet all dies im Freien statt oder muss so organisiert werden, dass dafür Klassenräume verfügbar sind. Übrigens: Ab dem nächsten Gebäude wollen wir auch Strom installieren, nachdem die Stromleitung jetzt direkt an das “village“ heranreicht. Damit wollen wir die Voraussetzungen schaffen, dass z.B. später einmal Computerunterricht erteilt werden kann.  
An dieser Stelle gilt unser besonderer Dank diesmal den Studierenden der Fakultät für Rehabilitationswissenschaften der TU Dortmund: Zum Sommerfest der Universität hat die Fachschaft durch einen Getränkeverkauf für DESTURI eine sehr engagierte Aktivität entfaltet und den erzielten Überschuss von über 1.100 € für die Weiterentwicklung von DESTURI­ zur Verfügung gestellt. Cool!  ediundsepp danken wir, dass sie die Gestaltung des Kenia-Briefes wieder übernommen und damit einen wertvollen Beitrag für DESTURI geleistet haben.

Ein Haus für Waisen

Ein wichtiges Element im Konzept von DESTURI haben wir bislang noch nicht richtig zum Laufen gebracht: die Integration von Waisenkindern in die “community“ und die Schule. Es gibt in Kenia in Folge von Armut, schwieriger Ernährungs- und Gesundheitsversorgung, aber besonders durch die große HIV-Erkrankungsrate in der mittleren Generation eine sehr große Anzahl von Vollwaisen, die eigentlich gar keinen Zugang zu guten Lebenschancen haben. Nur wenigen von ihnen können wir helfen, wollen dies aber auch gerne tun. Emmanuel hat für die Stiftung ein Grundstück ganz in der Nähe der Schule erwerben können, auf dem wir das „orphanage“, ein Haus für Waisen, jetzt konkret angehen können.

In einem ersten Schritt will Emmanuels Schwester Celina, selbst alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern, mit dem Aufbau einer selbsttragenden Infrastruktur (Milchwirtschaft, Maisanbau) die Basis für ein dauerhaftes Wohnangebot schaffen. Doch die investiven Kosten für das „Dach über dem Kopf“ bleiben. Es würde uns freuen, wenn wir auch für dieses Gebäude, das für drei Jungen und drei Mädchen ausgelegt sein soll, beim nächsten Mal erste Erfolge berichten könnten. Drei elternlose Kinder haben wir bereits mit einem Stipendium in die Schule aufgenommen, d.h. ihre  Bildung und eine tägliche Mahlzeit sind durch DESTURI auf gutem Weg. Die Errichtung der DESTURI FOUNDATION erleichtert auch die Anerkennung für das geplante Waisenhaus durch die zuständigen Behörden, die - unseres Erachtens völlig zu Recht - sehr strenge Auflagen erteilen, wenn es um die Sorge für Waisenkinder geht, und deren Einhaltung auch genau überprüfen. Denn Waisenkinder sind besonders schutzbedürftig; oft müssen sie sich mit Betteln, Drogenhandel und Kinderprostitution durchschlagen und schutzlos auf der Straße leben.

Elternversammlung

Besonders spannend war das Treffen mit den Eltern. Denn obwohl wir bislang für die nötigen Investitionen sorgen konnten, müssen die Eltern, die es irgendwie bewerkstelligen können, durch ihre finanzielle Beteiligung die laufenden Betriebskosten der Schule (einschließlich Lehrergehälter) aufbringen bzw. dazu beitragen. Diese Beiträge betragen pro Kind oft 20-25 % des gesamten Familieneinkommens, wenn denn überhaupt jemand eine bezahlte Arbeit hat. Dies können wir uns als Deutsche, für die „kostenlose“ Bildungsangebote ganz selbstverständlich sind, kaum vorstellen, deshalb hätten wir heftige Klagen und Proteste erwartet. Weit gefehlt! Die Eltern, die wirklich sehr arm sind und von denen viele selbst wenig Bildung erlangen konnten, haben erkannt, dass einzig exzellente Bildung der Schlüssel zum Erfolg ist, den sie ihren Kindern mit auf den Weg geben können. Nun sehen sie die außergewöhnlich guten Chancen auf schulische Fortschritte ihrer Kinder als wesentliche Investition, auch wenn sie noch so hart zu tragen ist. Respekt! 

Initialinvestment Forstprojekt

Damit erscheint die Nachhaltigkeit der weiteren Investitionen in einem neuen Licht. Denn eigentlich sollte ja das Forstprojekt nach Initialinvestment die längerfristige jährliche Entwicklung des Ausbaus sicherstellen. Die Bäume, von denen die erste Tranche im Jahr 2009 gepflanzt wurde, haben aber naturgemäß im vierten Jahr ihre Erntereife noch nicht erreicht, obwohl sie sehr gut gedeihen.

Exzellente Lehrerinnen und Lehrer

Und was wir noch gelernt haben: Unter den Eltern sind selbst Lehrer an öffentlichen Schulen in Kakuyuni, Gede und Malindi, und sie schicken ihre eigenen Kinder nach DESTURI. Wenn das kein Beleg für Qualität ist! Nach wie vor sind es die kleinen Klassengrößen (maximal 25 Kinder gegenüber bis zu 100 in öffentlichen Schulen), die exzellente Motivation und Qualifikation unserer Lehrerinnen und Lehrer. Mit Stolz haben die Eltern das Alleinstellungsmerkmal von DESTURI hervorgehoben, nämlich, dass weiße Studierende von der TU Dortmund im Rahmen von Praktika, die sie dort ableisten, neue didaktische Ideen einbringen und zu einem unverkrampften Verhältnis der unterschiedlichen Kulturen beitragen. Die Eltern beteiligen sich aber nicht nur finanziell, sondern sind auch zur Arbeitsleistung bereit für anstehende Aufgaben wie die Errichtung einer Schutzumzäunung des Schulgeländes gegen den wachsenden Verkehr auf der angrenzenden Schotterstrasse oder die Rodung eines Fußballfeldes.

Kenia vor allgemeinen Wahlen

Aller Wahrscheinlichkeit nach werden im März 2013 allgemeine Wahlen in Kenia stattfinden: Parlament, Präsident, Regierung, aber auch die Governor der verschiedenen Counties stehen zur Wahl. Die Erinnerungen an die furchtbaren Gewaltexzesse im Januar 2008 nach den letzten Wahlen im Dezember 2007 und nach den Vorwürfen der Wahlfälschung durch den amtierenden Präsidenten werden wach. Leider hat es auch in jüngster Zeit politisch motivierte Anschläge in Nairobi und Mombasa gegeben. Deswegen kann Lisa ihren Studierenden derzeit nicht empfehlen, vor den Wahlen wieder in die Forschungsstation zu gehen, auch wenn es in und um Malindi bislang stets ruhig geblieben ist. 

Zugleich befindet sich Kenia – wie aus der Presse bekannt ist - im Krieg mit den Rebellen im nördlichen Nachbarland Somalia, und das ist von Malindi nicht weit entfernt. Die Regierung unternimmt aber zugleich große Anstrengungen, um das Elend der zahlreichen auf kenianisches Gebiet geflohenen Flüchtlinge zu lindern – auch dies kennen wir alle aus unseren Medien. Die Menschen vor Ort sind zwar besorgt, leben aber überwiegend unbeeinträchtigt ihren Alltag und sind weiterhin beeindruckend freundlich und offen gegenüber Fremden wie auch tolerant und fröhlich im Umgang untereinander. Hoffentlich haben sie nach den Wahlen 2013 eine Sorge weniger. Umso wichtiger ist es uns aber, für die stetige Entwicklung von DESTURI zu sorgen.

Puc auf dem Weg zur selbstständigen Universität

Und noch eine Neuigkeit vom Pwani University College (PUC), das nicht weit von DESTURI entfernt ist (na ja, ca. 50 km). Hier kann man den Erfolg der Bildungsinitiative der jetzigen Regierung des Ministerpräsidenten Raila Ogunda mit Händen greifen: Es wächst und gedeiht, bildet jetzt rund 3.500 Studierende aus und wird voraussichtlich im Januar 2013, also noch vor den Wahlen, in die endgültige Selbstständigkeit entlassen, nachdem es zunächst als „constituent college“ der Kenyatta University in Nairobi gegründet und später zum „University College“ erhoben worden war. Dann hat die Ostküste ihre erste eigene, vollständig unabhängige und gleichberechtigte Universität! Um bei Universität zu bleiben und dennoch zur „Familie“ zurückzukehren: Moses, Emmanuels Cousin, ist ein extrem erfolgreicher Student. Von uns mit einem privaten Stipendium ausgestattet, hat er an der Jomo Kenyatta University of Agriculture and Technology gerade sein letztes Trimester mit einem A-level (glatte 1,0) in allen Fächern abgeschlossen. Er wird sein Bachelorstudium voraussichtlich im April 2013 beenden. Seine Pläne? Am liebsten ein Masterstudium anschließen...
Auch Emmanuels Frau Beatrice kommt in ihrem Studium der Ökonomie an der Kaenyatta Universität, Campus Mombasa, planmäßig voran und strahlt vor Freude, sobald sie darauf angesprochen wird. Natürlich trägt auch ein Sonnenkind wie Faith zum Glück bei, die in ihrem zweiten Kindergartenjahr als Klassenbeste abgeschnitten hat. Glückwunsch und Respekt für alle, die den Bildungsplan mittragen und -leben!

Daumen drücken für Gabriel

Apropos Wahlen: Wir hatten in unserem letzten Brief unseren Freund Professor Gabriel Katana vorgestellt, einen absolut integeren Wissenschaftler, der seine wissenschaftliche Qualifikation zum Teil als Max Planck Stipendiat in Deutschland erworben hat, und Bildungsförderer. Gabriel hat zuletzt als Deputy Principle (Vizepräsident) am Pwani University College im Kilifi County gearbeitet. Nun ist er von den Menschen dort gebeten worden, für die Position des Governors von Kilifi County zu kandidieren. Er ist diesem Wunsch gefolgt und jetzt können wir ihm, den Menschen dort und dem Land nur die Daumen drücken, dass er die Wahl gewinnt. Damit würde Bildung von Anfang an und in allen Ausformungen in der Gegend einen neuen, höheren Stellenwert bekommen. Man merkt, er wäre unser Favorit, und: Wir haben uns sozusagen zu seinem Wahlkampfteam gesellt....

DESTURI („der Weg“), ein unter dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ in Privatinitiative begründetes Schul-/Bildungsprojekt im Kenianischen Busch, Distrikt Malindi, finanziert sich ausschließlich aus Spenden. Beachtliches ist schon auf gutem Weg, aber das Ziel ist noch längst nicht erreicht!

Wer sich deshalb am weiteren Ausbau und der Verstetigung des prosperierenden Projektes beteiligen möchte, ist herzlich zu Spenden eingeladen; auch kleine Beträge sind eine willkommene Unterstützung.