Desturi

Desturi – Bildung im Busch

Kenia-Brief | August 2013

Karibu rafiki mpenzi, liebe Freundinnen und Freunde von Kenia und DESTURI!

Wieder einmal haben wir Regen nach Kenia gebracht. Während Deutschland einem Backofen glich, mit Temperaturen bis zu 40 Grad, haben wir Ende Juli/Anfang August 2013 in Kenia wahre Sommerfrische erlebt – im kenianischen Winter. Die Menschen dort freuen sich über Regen, und er tut dem Land gut – auch wenn sich Nebenstraßen in kaum passierbare Schlammpisten und unkalkulierbare Wasserlöcher verwandeln. Deswegen konnten wir diesmal Emmanuels Haus in Mombasa nicht besuchen – kein Durchkommen für Weiße… Gleichwohl haben wir die Vier natürlich getroffen, beim traditionellen gemeinsamen Essen am Abend vor der Abreise in unserem Hotel. Vier? Ja, vier, denn seit März 2013 gibt es einen kleinen Prinzen im Hause Chanzera Koi, Prince heißt er:  

ASANTE SANA, KWAHERI!

Neuigkeiten von Emmanuels Familie

Es geht ihnen allen gut, Faith ist jetzt fünf Jahre alt und ein ebenso blitzgescheites wie bildhübsches Mädchen; in ihrer (Vor-)Schule ist sie zum zweiten Mal Klassenbeste, spricht und liest perfekt Englisch und Kisuaheli, aber auch schon etwas Deutsch und hat das Zeug zur Alleinunterhalterin. Ab September beginnt für Faith dann der „wahre Ernst des Lebens“ mit ihrer Einschulung in die erste Grundschulklasse. Sie findet Ferien langweilig und freut sich schon...

Beatrice hat ihr Studium für den Prinzen ein halbes Jahr unterbrochen, freut sich aber schon wieder auf die Fortsetzung; sie wird ihren Bachelor wohl in zwei Jahren abschließen können. Emmanuel ist wie immer im Tourismusgeschäft sehr beschäftigt und steckt weit darüber hinaus voller Ideen und Schaffenskraft – wenn nur der Tag mehr als 24 Stunden hätte… 
Um in der Familie Koi zu bleiben: Diesmal haben wir keine Bilder mit Cecilia: Sie hat sich den Oberschenkel gebrochen und war zur Behandlung in einer Klinik in Mombasa, befindet sich aber – so wurde uns versichert – auf gutem Weg der Besserung. Gute Nachrichten gibt es von ihrem Sohn (und Emmanuels Cousin) Moses: Er hat sein Studium (Bachelor of Commerce) abgeschlossen und zwar mit 1st class honours!! Seine Bachelor‘s Thesis behandelt „Change Management Processes“ und – so ein Zufall! – gerade wurde Deloite&Touche bei seinem Arbeitgeber, Kenya Port, für ein großes Veränderungsprojekt engagiert und seine Bachelorarbeit von der Unternehmensleitung als wichtiges Basisdokument eingebracht. Gleichwohl verfolgt Moses den Plan, nach dem ­Bachelor- noch ein Masterstudium aufzunehmen, so begierig ist er auf Neues. Das ist gut, bringt aber weitere finanzielle Herausforderungen mit sich. Mal sehen… Außerdem wird er nächsten Monat zum ersten Mal Vater.

Unsere Reisebegleiterinnen

Begleitet haben uns diesmal auf unserer Reise unsere Freundinnen Margrith Casale (Chur), Reinhilde Stöppler (Professorin in Gießen) und Kathrin Schmidt (Doktorandin bei Lisa).
Nachdem sie alle unsere Aktivitäten mitgemacht haben (und Kathrin eigentlich nur gearbeitet hat), war das für unsere Begleiterinnen kein wirklich erholsamer, aber wohl doch ein sehr informativer Urlaub. 

Wie geht es weiter in DESTURI?

Rund 160 Schülerinnen und Schüler, vom Kindergarten bis zur Primary School Klasse 4, empfingen uns mit ihren acht Lehrerinnen und Lehrern und dem neuen Schulleiter, Raymond, nebst einer großen Anzahl von Eltern. Neben Tanz- und Singspielen überraschten sie uns mit einer politischen Debatte über die Vor- und Nachteile des Lebens auf dem Land vs. in der Stadt: Schülerinnen und Schüler der Klassen 1-4 tauschten in einer geordneten Diskussion unter Leitung eines Vorsitzenden und eines Sekretärs Argumente pro und contra aus, wie man es sich von vielen Erwachsenen nur wünschen könnte!

Dank Ihrer/Eurer Unterstützung ist das vierte Klassenzimmer seit Anfang 2013 in Betrieb und Eltern, Lehrerinnen und Lehrer und Schülerinnen und Schüler freuten sich riesig, als wir Ihnen mitteilen konnten, dass die deutschen Freunde von DESTURI wieder genug Geld zusammengetragen haben, um rechtzeitig vor Beginn des nächsten Schuljahres das nächste Gebäude zu errichten. Dieses wird das erste Eckgebäude des geplanten „U“ sein und soll zwei Klassenzimmer enthalten, damit die unglückliche Doppelbelegung eines Klassenraums mit den Klassen 3 und 4 beendet werden kann. Dann wird endlich jeder Jahrgang von 1-5 ein eigenes Klassenzimmer haben.  
Zur Erinnerung: Im Dezember 2008 fiel der Startschuss für DESTURI und das erste Gebäude, der Kindergarten, ging in Betrieb. Das fünfjährige Jubiläum wird also mit Einzug der 5. Grundschulklasse zusammenfallen!

Noch immer benötigt DESTURI externe finanzielle Unterstützung, bis die Stiftung durch Erträge aus dem Wald auf eigenen finanziellen Beinen stehen wird. Und es fehlt natürlich laufend an vielem Wünschenswertem, aber auch Notwendigem: Schulbücher stehen neben den Gebäuden ganz oben auf der Liste, ebenso wie die Erweiterung der Regenwassersammelanlagen, Tischchen, Bänken und Matratzen für die Kleinsten im Kindergarten bis hin zu ersten Computern (wie mit Strom versorgen?) samt Internetzugang für die bald startende fünfte Klasse, in der die Kinder den Umgang mit dieser heutigen Standardtechnologie lernen und üben sollen, und, und ...
Gleichwohl bestätigen uns die Experten des Kenianischen Schulsystems von der Pwani Universität, dass die DESTURI-Schule für Kenia ein außergewöhnlich hohes Niveau in Unterrichtsqualität und Rahmenbedingungen auszeichnet, und das freut uns natürlich.


Trotzdem streben wir nicht nur ein relativ gutes Niveau an, sondern nehmen Maß an europäischen Standards. Dazu tragen auch die deutschen Lehramtsstudierenden bei, die seit Jahren ihre Schulpraktika in DESTURI absolvieren und damit nicht nur selbst Lebenserfahrung gewinnen, sondern auch neueste Methoden und Inhalte in den Unterricht einbringen. Das hilft auch dem lokalen Lehrpersonal. Und nicht nur das: Der Präsident der nahe gelegenen Pwani Universität (PU, dazu gleich mehr), hat bei unserem Besuch Stipendien für die DESTURI-Lehrer zur Fortbildung während der Schulferien ausgelobt – hurra!!

Das „2TF“ Projekt

Ja, das „2TF“ Projekt („Trees For The Future“) entwickelt sich planmäßig, erfordert derzeit aber immer noch Pflege und Bewachung. Aktuell müssen Bäume ausgelichtet werden, um den anderen genug Raum zur Entwicklung zu geben und die Suche nach Abnehmern für mittelgroße Bäume ist angelaufen. Wir hoffen sehr, dass wir Anfang 2014 damit erfolgreich sind und dann vielleicht aus – bescheidenen, aber immerhin – ersten Einnahmen etwas vom bislang nicht finanzierbaren Bedarf decken können.

Weichen jetzt richtig stellen

Insgesamt befindet sich das Schulprojekt derzeit an der Schwelle von einem „kleinen“ hin zu einem „mittelgroßen“ Projekt und einer Daueraufgabe, für die die Weichen richtig gestellt sein müssen. Wir sind daher der „Stiftung Hilfe zur Selbsthilfe“, München, sehr dankbar, dass sie uns die beratende Unterstützung unseres Freundes Gabriel Katana finanziert hat, der in den letzten Monaten für die DESTURI Foundation eine Studie mit klugen Empfehlungen erstellt hat. Sie erinnern sich vielleicht: Gabriel Katana war Professor der Pwani Universität und hatte sich Ende 2012/Anfang2013 um das Amt des County Governors Kilifi/Malindi beworben; dazu musste er seine Stelle an der Universität aufgeben. Bei den Wahlen im März ist er ­leider nur auf dem zweiten Platz gelandet, aber dafür stand er uns für eine Übergangszeit als Berater und Helfer zur Verfügung. Jetzt ist er wieder an die Universität als Professor und Vizepräsident zurückgekehrt. Er hat in den wenigen Monaten vieles vorangebracht, und wir werden seine Ratschläge beherzigen.

Eine Daueraufgabe wird auch die Unterstützung der Kinder sein, deren Eltern sich die extrem geringen Beiträge für die Schule zwischen 600-800 KSh monatlich (entspricht knapp 6-8 Euro), wirklich nicht leisten können, die neben der Deckung der laufenden Kosten vor allem auch der Schulspeisung dienen. Im Klartext heißt das, dass nach Schätzung des neuen und sehr erfahrenen Schulleiters Raymond Angore etwa 5 % der Schülerinnen uns Schüler Stipendien brauchen, ­damit sie weiter auf diese Schule gehen können und die laufenden Kosten gedeckt werden können. Das kommt zu den oben genannten Bedarfen hinzu…
Zum ersten Mal konnten wir uns ein eigenes Bild vom neuen Schulleiter im „Echtbetrieb“ machen. Wir hatten ihn im letzten Newsletter nur angekündigt, weil er seinen Dienst erst im Januar 2013 aufgenommen hat. Raymond gehört zur weiteren Familie der Koi und hat seine Wurzeln in der unmittelbaren Umgebung der Schule; deshalb ist es eine echte win-win-Situation, dass wir ihn anwerben konnten. Raymond hat sehr viel Lehrerfahrung: Er war lange Jahre im staatlichen kenianischen Schulbetrieb, zuletzt als Leiter einer Primary School in Mombasa und bringt zugleich viel spezifische Kenntnisse der Schulgegend ein; er ist sehr intelligent, neugierig und aufgeschlossen für neue Wege und freut sich über den Austausch mit deutschen Nachwuchslehrerinnen- und Leher. Wir konnten uns davon überzeugen, dass Raymond kompetent und zugewandt mit den Schülerinnen und Schüler sowie mit den Lehrerinnen und Lehrer umgeht und den Respekt der Eltern genießt, die sich wieder zu einer Besprechung mit uns versammelt hatten.

Raymond hat nun ein Modell entwickelt, wie man die Kinder der echt bedürftigen Eltern mit Stipendien unterstützen und gleichzeitig finanzielle Entlastungen des Schulbetriebs erreichen kann: Die arbeits- und einkommenslosen Eltern werden notwendige Arbeiten für die Schule ­erledigen, wie Gebäudeunterhaltung, Pflege des Anwesens, Zubereitung von Mahlzeiten, aber auch beim Anbau eigener landwirtschaftlicher Produkte mithelfen und diese Fertigkeiten auch den Kindern weitergeben.
In Eigenleistung von Lehrern und Eltern ist zwischenzeitlich der Fußballplatz entstanden; nachdem wir bei unserem Besuch auch Bälle mitgebracht haben, steht dem Training nun nichts mehr im Wege und wir freuen uns auf die ersten Schulwettbewerbe. Mal sehen, ob und wo wir attraktive Trikots für die künftigen Fußballkünstler herbekommen. Am liebsten hätten wir natürlich BVB und FCB Trikots.

Kooperation mit den Universitäten 

Erfreuliches gibt es auch von Lisas Partneruniversitäten zu berichten: Das Pwani University College (PUC) ist zur eigenständigen Volluniversität (Pwani University – PU) „befördert“ worden – ein Erfolg, den die PU vor allem ihrem extrem umtriebigen Präsidenten („Vice Chancellor“) Prof. Mohammed Rajab verdankt. In die Kategorie „sehr erfreulich“ fällt auch, dass der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) jetzt ein Kooperationsprogramm zwischen der PU und der TU München unter Lisas Leitung finanziert: „JUMP“ heißt das Entwicklungsprogramm (Joint Undertaking to Multiply Powers), bei dem kenianische und deutsche Nachwuchswissenschaftler/innen über einen Zeitraum von drei Jahren gefördert und „sprunghaft“ qualifiziert werden sollen, indem sie ein gemeinsames Curriculum entwickeln zu Community Based Rehabilitation Research. Kathrin Schmidt aus Lisas Münchner Forschungsteam an der TUM (sie ist wie viele andere aus der Dortmunder Truppe ihrer Chefin Anfang des Jahres nach München gefolgt), hält vor allem die Kooperationsfäden in der Hand und begleitete uns auch auf der Reise.

Auch das „Taita Taveta College“ TTC in Voi ist aufgerückt: zum „Taita Taveta University College“ (TTUC), der Vorstufe einer eigenständigen Universität und natürlich nimmt der Principal – unser Freund Prof. Hamadi Boga - Maß am Erfolg der PU. Wir sind von Malindi quer durch den Tsavo Nationalpark nach Voi gereist und konnten uns von den bemerkenswerten Entwicklungen des TTUC überzeugen. Bei einem Workshop zum strategischen Entwicklungsplan des TTUC waren wir als externe Experten eingeladen, „härtest mögliche Kritik“ zu üben, um die Qualität des Planes erhöhen zu helfen. Das stark gewachsene wissenschaftliche Team um Hamadi Boga war dieser „Nagelprobe“ durchaus gewachsen, chapeau! Im Norden Kenias wurden kürzlich größere Öl- und Gasvorkommen entdeckt und jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob das Land weiter vor allem ausgebeutet wird, oder ob es gelingt, einen eigenen Anteil an qualitativer wirtschaftlicher Entwicklung damit zu verbinden. Nachdem das TTUC das derzeit einzige universitäre Kompetenzzentrum für Bergbau in Kenia betreibt, könnte ihm eine Schlüsselrolle zukommen; die Kooperation mit der deutschen Bergbauuniversität Freiberg hat Hamadi Boga schon aufgenommen.  
Der nächste Besuch in Kenia wird im Übrigen vom oben genannten Projekt JUMP diktiert und im Rahmen einer großen wissenschaftlichen Auftaktveranstaltung bereits Anfang Dezember­ 2013 stattfinden. Wir haben auch die Forschungsstation in Malindi besucht, die noch für ein Jahr von den Dortmunder Lehramtsstudierenden besucht und für ihre Praxiserkundung genutzt werden kann. Bis Mitte des kommenden Jahres ist es bereits ausgebucht, für viele – monatelange – Forschungsaufenthalte. Es ist noch offen, ob wir die TU München von einer Übernahme des Projektes überzeugen können.

Offen ist – zu unserem Bedauern – weiterhin der Plan, neben der Schule ein Waisenhaus zu bauen. Hier hoffen wir noch auf die erforderlichen „Ressourcen“, um auf dem bereits erworbenen Grundstück auch Gebäude zu errichten. Die Not der kenianischen Waisenkinder ist nach wie vor groß. Wie immer freuen wir uns über Ihr/Euer Interesse an der Entwicklung in Kenia und vor allem über weiter notwendige Unterstützung von DESTURI – dem Weg in die Zukunft.­

Wir bitten alle Förderinnen und Förderer, Freundinnen und Freunde von DESTURI auch weiterhin um Ihre/Eure Unterstützung. Jeder Betrag ist willkommen. Wie in der Vergangenheit stehen wir voll dafür ein, dass jede Spende in voller Höhe DESTURI zugute kommt. Und wie bisher werden wir über den weiteren Fortschritt des Projekts berichten.